Softwareunterstützung für offene Seminare
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Offene Seminarkonzepte zeichnen sich durch inhaltliche Offenheit, von den Teilnehmenden selbst verantwortete Formen und prozessorientierte Arbeitsweisen aus. Der Einsatz von CSCL-Systemen – hier am Beispiel der Groupware CommSy – bietet spezifische Chancen, womöglich aber auch Risiken, miteinander über elektronische Medien zu kooperieren. Wir präsentieren hierzu Erfahrungen aus von uns veranstalteten und evaluierten offenen Seminaren. Dabei zeigt sich, dass der Softwareeinsatz die erfolgreiche Veranstaltung offener Seminare zwar unterstützen, aber nicht garantieren und im schlimmsten Fall sogar behindern kann. Im Softwaredesign kommt es deshalb darauf an, die für offene Seminare notwendigen und auch die hinderlichen Funktionalitäten zu bestimmen und zu berücksichtigen. 1. Einleitung: CSCL – Vision und Wirklichkeit Gemeinschaftliches Lernen und Mediennutzung stehen schon immer in enger Verbindung. Zusätzlich zu traditionellen Medien sind es heute elektronisch verarbeitbare Informationen, mit denen im Lehrund Lernalltag umgegangen wird. Zwei Kernaspekte des Lernens, nämlich Kommunikation und Information, sind nun auch technisch organisiert und damit flexibler denn je handhabbar. Diese flexible Handhabbarkeit stößt aber offensichtlich in tradierten Lehrund Lernszenarien auf Umsetzungsprobleme [HJ98, Ha98]: tradierte Lehrund Lernformen sind mit den technisch-medialen Möglichkeiten nicht vereinbar, die jeweilige Software entspricht nicht den Bedürfnissen und Anforderungen der Lernenden und Lehrenden bzw. der einsetzenden Organisation, oder Didaktik und Softwareeinsatz sind nicht aufeinander abgestimmt. Angesichts dieser Spannungsverhältnisse stellen wir hier unsere Perspektive einer reflektierten und sinnvollen Nutzung von CSCL in einem innovativen didaktischen Setting vor, das als offene Lernform bezeichnet werden kann [vgl. Ro74, JS02, KR01]. 2. Kontext und Vorgehen Wir beziehen uns auf fünf Veranstaltungen im Hauptstudium der Informatik (Themengebiete Informatik und Gesellschaft, Softwareentwicklung und CSCL) an den Universitäten Hamburg und Tübingen, die wir von Oktober 2001 bis Februar 2003 durchführten. An diesen Veranstaltungen nahmen insgesamt 102 Studierende teil. Als Softwareunter47 stützung kam in allen Veranstaltungen CommSy [JJP02] zum Einsatz, eine webbasierte Software zur Unterstützung von Lerngemeinschaften, die aus drei Komponenten besteht: Bildungseinrichtungen und institutionell übergreifende Lerngemeinschaften können ihr eigenes Portal aufsetzen, um Informationen über Arbeitsbereiche, Forschungsschwerpunkte oder das Lehrangebot bereitzustellen. Ein lebendiges Archiv dient der Veröffentlichung und langfristigen Sicherung von Arbeitsergebnissen und Lehrund Lernmaterialien. Das Herzstück bilden die Projekträume zur Unterstützung von Kommunikation und Koordination kleinerer geschlossener Gruppen, die über einen begrenzten Zeitraum zusammen arbeiten. Solche Projekträume richteten wir jeweils für die TeilnehmerInnen unserer Lehrveranstaltungen ein. Alle fünf Veranstaltungen wurden von uns unter Einsatz verschiedener Methoden evaluiert. Die Studierenden wurden gebeten, Seminarkonzept und Mediennutzung anhand von Fragebögen zu bewerten. Zusätzlich führten wir Fokusgruppen mit TeilnehmerInnen der Lehrveranstaltungen durch. Fokusgruppen [KC00] sind moderierte Gruppendiskussionen mit bis zu zehn TeilnehmerInnen, wobei die Moderation der Gruppendiskussion von neutralen Personen übernommen wurde, die nicht am Seminargeschehen beteiligt waren. Die Gruppeninterviews wurden mit Einverständnis der Beteiligten auf Tonband aufgezeichnet und anschließend im Wortlaut transkribiert und anonymisiert. Die Auswertung erfolgte im Sinne der Grounded Theory [SC90]. Ergänzend haben wir die anonymisierten Logfiles der CommSy-Projekträume ausgewertet, um verschiedene Nutzertypen (z.B. Vielund WenignutzerInnen) zu vergleichen, Muster und Regelmäßigkeiten der Nutzung zu erfassen und Nutzungsschwerpunkte und -anlässe zu identifizieren. 3. Didaktik & Softwareunterstützung Unser offenes Seminarkonzept beruht auf der Projektmethode [Gu01, Fr02] in der Tradition Deweys und Kilpatricks [De97, Ki18] sowie auf Ansätzen der humanistischen Psychologie und Pädagogik [CF84, Ro74, Bu95]. Dabei orientieren wir uns bei der Planung und Gestaltung von Lehrveranstaltungen an vier wesentlichen didaktischen Leitlinien. Die Softwareunterstützung kommt als fünftes Element hinzu. (1) Teilnehmerorientierung: Wir verzichten weitgehend auf die Vorgabe von konkreten, inhaltlich begründeten Lernzielen. Dies gilt nicht nur für die Wahl der Themen, sondern auch für den Arbeitsprozess und die Präsentation von Zwischenergebnissen und Endprodukten. In den meisten Fällen fordern wir Exposés, Zwischenberichte und Abschlussdokumentationen ein, teilweise aber auch einen stetigen Austausch der Teams, etwa in Form von kurzen, mündlichen Projektstandsberichten oder gezieltem Feedback der Teams untereinander. Wir gehen davon aus, dass offene Lernprozesse dann Erfolg haben, wenn die Teilnehmenden ihre eigenen Erkenntnisinteressen formulieren und bearbeiten können. Dies heißt in der Regel (aber nicht notwendigerweise), dass die gewählten Themen einen hohen Praxisund Aktualitätsbezug aufweisen. (2) Eigenverantwortung und selbst organisierte Gruppenarbeit: In offenen Seminaren bilden die Teilnehmenden thematisch orientierte Teams von 3-4 Studierenden und organisieren ihre Arbeitsprozesse eigenständig über das gesamte Semester hinweg. Der Ablauf der Lehrveranstaltungen lässt sich dabei in drei Phasen gliedern (Abb. 1): eine etwa 48 dreiwöchige Start-Up-Phase mit wöchentlichen Plenumstreffen oder ganztägigen Workshops, die das gegenseitige Kennenlernen, die Themenfindung und Gruppenbildung ermöglichen sollen; eine etwa zehnwöchige Freiarbeitsphase, in der die Kleingruppen selbstständig arbeiten, und eine Abschlussphase, die in die öffentliche Präsentation (Pr) der Ergebnisse mündet. Während der Freiarbeitsphase fanden ein bis zwei Workshops (Ws) mit Zwischenpräsentationen der Teams im Plenum statt. Startup Teamwork Pr Ws Ws Teamwork Teamw. Abb. 1: Verlaufsmodell der Lehrveranstaltungen. (3) Arbeitsdokumentation durch Produkte und Öffentlichkeit: Wir ermutigen die Studierenden, ihre Arbeit auch öffentlichkeitswirksam zu präsentieren. Dies geschieht sowohl durch eine für die universitäre oder eine weiter gefasste Öffentlichkeit organisierte, gemeinsame Abschlusspräsentation als auch durch die Möglichkeit, Arbeiten für das Web aufzubereiten. Eine weitere Alternative ist die Dokumentation der eigenen Arbeit als Produkt. (4) Rollenbilder: Mit der Entscheidung, als DozentIn den Inhalt der Lehrveranstaltung nicht vorzugeben und auch die Arbeitsprozesse nur moderierend und strukturierend zu begleiten, ändert sich unsere Rolle als Lehrende fundamental. Wir können die Teilnehmenden bei der Recherche, Aufbereitung und Produktion ihrer „Forschungsreisen“ nur begleiten, bestimmen aber weder Reisemittel noch -ziele. Umgekehrt müssen die Teilnehmenden ihre passive Haltung aufgeben und schon bei der Themenwahl persönliche Entscheidungen treffen und umsetzen. (5) Softwareunterstützung: Funktionalität und Designprinzipien der Software CommSy, die wir zur Unterstützung unserer Lehrveranstaltungen einsetzten, können mit diesen didaktischen Leitlinien in Beziehung gesetzt werden. So wird z.B. auf die Implementierung eines differenzierten Rechtekonzeptes verzichtet, um die oben beschriebene Veränderung der Rollenbilder auch im virtuellen Raum zuzulassen. Bis auf Entscheidungsbefugnisse der VeranstalterInnen, die v. a. Freischaltung oder Sperrung von Benutzerkennungen betreffen, können alle Teilnehmenden die gleichen Aktionen durchführen. Hierdurch werden die Studierenden in ihrer Eigenverantwortung gestärkt: sie können jederzeit selber entscheiden, welche Beiträge oder Materialien sie im Projektraum bereitstellen und sind hierbei nicht auf die „Erlaubnis“ oder Freigabe der VeranstalterInnen angewiesen. Zur Unterstützung der Kleingruppenarbeit können die TeilnehmerInnen im virtuellen Projektraum Gruppen bilden, Materialien zur Verfügung stellen oder gemeinsam erund bearbeiten, Termine verwalten oder Emails verschicken. Ein Werkzeug für asynchrone Diskussionen steht zur Verfügung. Der geschützte Projektraum dient als „Werkstatt“ der Lerngemeinschaft, um Entwürfe einzustellen und zu diskutieren, bis diese produktreif sind. Aus dieser Werkstatt heraus können die Teamergebnisse, sobald sie präsentabel sind, auf dem Portal, in das der Projektraum eingebettet ist, veröffentlicht und dort auch weltweit zugänglich gemacht werden. Die Werkstatt selbst erlaubt das freie Experimentieren mit Entwürfen, über die man sich auseinandersetzen kann. Dabei soll der elektronische Raum die Präsenz nicht ersetzen, sondern vielmehr helfen, realweltliche Aktivitäten zu koordinieren und über die Freiarbeitsphasen hinweg mit Lehrenden und KommilitonInnen in Kontakt zu bleiben. 49 4. Evaluationsergebnisse In diesem Abschnitt stellen wir unsere empirischen Ergebnisse zur Bewertung des offenen Seminarkonzepts und der Softwareunterstützung vor. Wir orientieren uns bei der Darstellung an den didaktischen Leitlinien, die wir in Abschnitt 3 vorgestellt haben. 4.1 Teilnehmerorientierung Die freie Seminarform und Themenwahl erschienen dem Großteil der Teilnehmenden neu und ungewöhnlich. Daher waren die Studierenden zu Beginn durchaus skeptisch, ob ihnen die Wahl eines geeigneten Themas gelingen würde. Als hilfreich für die letztlich problemlose Themenfindung sahen die Studierenden die explizite Moderation der VeranstalterInnen an, die dem Prozess der Themenfindung teilweise über mehrere Wochen hinweg breiten Raum gaben. Auch bei angebotener Softwareunterstützung der Themenfindung wurde diese als hilfreich bewertet, da der im Projektraum angelegte Themenspeicher stets präsent war und so die Wahl eines Themas erleichterte: „Die Veranstalter haben das so angeregt, haben einen Themenspeicher eingerichtet und haben das dann etwas forciert.“ Die Themenfindung gelang den Studierenden in ihrer eigenen Einschätzung überraschend gut, wie die folgenden Zitate belegen: „Ich war positiv von der Phase der Themenfindung überrascht. Das hat sehr gut funktioniert.“ „Ich fand die Themenfindung problemlos – aber ist das immer so? Ist das Zufall, dass alles gut klappt in der Zeit bei allen Gruppen? War das eine besonders positive Konstellation?“ Diese Frage kann mit dem vorläufigen Resümee beantwortet werden, dass die unbehinderte Themenfindung tatsächlich eine notwendige Voraussetzung für die Motivation und damit für den Erfolg der Teamarbeit ist. Allerdings ist die Umsetzung in der konkreten Teamarbeit nicht immer ein einfaches Unterfangen. Unsere Studierenden stellten häufig Vergleiche zwischen der offenen Lernform und anderen Lehr-Lernformen an. Zitate aus den Gruppeninterviews belegen Überraschung, damit verbundene Unsicherheit und die veränderte Lernmotivation sowie die positive Wirkung auf die Atmosphäre und die erzielten Ergebnisse: „Meine Erwartung war: reinsetzen und berieseln lassen, aber daraus wurde nichts. Die offene Veranstaltung erlaubte das nicht. Da muss man immer vorbereitet sein, weil man selbst gefordert ist.“ „Ich bin sehr zufrieden mit der Veranstaltung, Atmosphäre und unserem Arbeitsergebnis.“ „Zu Beginn dieses Seminars hat mich diese Aufgabe mit großem Enthusiasmus erfüllt. In der Mitte hatte ich eine Phase, in der mich die viele Freiheit, die uns gelassen wurde, fast etwas überforderte und jetzt bin ich der Meinung, dass das mal was anderes ist. Ich glaube nicht, dass weniger zu tun ist als ein Bioethik-Seminar oder eine Informationsrecht-Vorlesung, aber man hat während des Semesters mehr Zeit und muss (meistens) nicht sinnlos seine Zeit absitzen. Es ist eben anders. Und das meine ich als positive Eigenschaft des Seminars.“ 50 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Anknüpfen an und Ernstnehmen von studentischen Interessen deren Lernmotivation und -engagement fördert. Dabei kann der Prozess, die eigenen Interessen zu formulieren und daraus ein Arbeitsoder Forschungsthema abzuleiten, durchaus einige Zeit in Anspruch nehmen und muss sorgfältig moderiert werden. Dabei haben sich sogenannte „Themenspeicher“, die in der Präsenzveranstaltung auf Stellwänden und virtuell im Projektraum weitergepflegt werden, als hilfreiches methodisches Element erwiesen. 4.2 Selbstorganisierte Gruppenarbeit Freie Seminarform und selbst organisierte Gruppenarbeit wurden von den Teilnehmenden überwiegend positiv bewertet. Auch die Präsenztermine, die den Stand der Gruppenarbeit für alle transparent machten, wurden als hilfreich angesehen, vor allem bei neuen und ungewohnten Aufgabenstellungen oder Moderationstechniken (z. B. Poster erstellen, Gruppenpuzzle, Rollenspiel). Die Möglichkeit, das Erreichte zu präsentieren, Anregungen und Feedback sowie Einblick in die Arbeit der anderen Gruppen zu erhalten, war den Studierenden wichtig. Viele TeilnehmerInnen haben eher negative Vorerfahrungen mit Gruppenarbeit gemacht, z. B. im Hinblick auf die Verlässlichkeit ihrer KommilitonInnen, die Fairness bei der Arbeitsteilung oder die Qualität des Arbeitsergebnisses. Insofern standen eine Reihe der TeilnehmerInnen der selbst organisierten Gruppenarbeit anfangs skeptisch gegenüber. Ihre negativen Erwartungen wurden jedoch mehrheitlich nicht bestätigt: „Ich hatte bisher keine positiven Erfahrungen mit Gruppenarbeit gemacht. Als ich dann in der Veranstaltung von Kleingruppenund Eigenarbeit hörte, habe ich gezweifelt. Als ich dann aber sah, was rausgekommen ist, bei uns und bei den anderen, war ich doch überrascht. Diese Art der Seminarform scheint doch funktionieren zu können.“ Für viele war es dabei wichtig, die Zuverlässigkeit der anderen Mitglieder in ihrer Arbeitsgruppe einschätzen zu lernen. Diese Einschätzung wird durch die Gestaltung einer kooperationsfreundlichen Atmosphäre während der ersten Präsenztreffen ermöglicht, in der persönliches Kennenlernen und Austausch der thematischen Interessen breiten Raum einnehmen. Unmittelbar nach der Themenfindung herrschte den Befragten zufolge eine gewisse Unsicherheit, wie die selbst gestellte Aufgabe zu bewältigen sein sollte: „Ich wusste nicht, ob wir das überhaupt schaffen oder sind wir nach drei Wochen fertig? Ich hatte am Anfang nur so einen blauen Dunst.“ Um der anfänglichen Unsicherheit zu begegnen, griffen viele Arbeitsgruppen zum Instrument einer gemeinschaftlichen Arbeitsplanung: „Wir haben gleich zu Anfang einen Terminund Aktivitätenplan aufgestellt und haben uns auch einigermaßen daran gehalten, weil das sonst nicht zu schaffen war.“ Die gewählten Arbeitsformen reichen von pragmatischer Arbeitsteilung bis zu betont kooperativen Methoden. Die offene Seminarform schafft einen Rahmen, der die Selbstreflexion einer Gruppe befördert und die Arbeitsund Kommunikationsprozesse stärkt, also nicht nur auf das zustande gekommene Arbeitsergebnis fokussiert: 51 „Der interessante Aspekt war, dass man aufeinander angewiesen war: War eins nicht fertig, dann konnte man nicht weiter machen – viel Zusammenarbeit war nötig.“ „Die Motivation schwankte immer mal: z. B. gegen Ende des Semesters mussten einige von uns Klausuren schreiben, da haben wir die Arbeit umverteilt; es war zwar nicht immer gleich verteilt, aber es war keiner überlastet.“ Der inhaltliche Austausch zwischen den Arbeitsgruppen stellte sich häufig nicht von selbst ein und kam auch nach Ansicht vieler Studierenden zu kurz: „Ich habe nur wenig von den anderen Gruppen mitbekommen. Ich war ausreichend mit meinen eigenen Sachen beschäftigt. Ich hatte während des Plenums und im CommSy keinen Kopf dafür. Das ist etwas schade, da Sachen der anderen auch für meinen Bericht interessant gewesen wären.“ Allerdings entsteht auch jenseits der von uns vorgesehenen didaktischen und technischen Unterstützung Kooperation, was damit zusammenhängen mag, dass die Studierenden sich mit ihren selbst gewählten stärker als mit vorgegebenen Inhalten identifizieren: „Bei uns war das so, wir hatten ein übergreifendes Thema und wurden von den anderen immer mal angesprochen. Das war sehr schön, da wir so auch bei den anderen mal reinschauen konnten. Das beruhte auf zufälligen Begegnungen z. B. in der Mensa, es ging nicht im CommSy rum.“ Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Studierenden Zeit brauchen, um Arbeitsgruppen zu gründen und verlässliche Arbeitsformen zu etablieren. Durch ein Seminarkonzept, das anfangs breiten Raum für gegenseitiges Kennenlernen lässt, können Unsicherheiten abgebaut und eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre begründet werden. Tipps zur anfänglichen Arbeitsorganisation, wie z.B. exemplarische Zeitpläne, werden von den TeilnehmerInnen als hilfreich empfunden. Jedoch ermöglicht gerade ein hohes Maß an Freiheit bei der Gestaltung der gemeinschaftlichen Arbeit den Studierenden letztlich, ein eigenes und tragfähiges Modell von Gruppenarbeit zu entwickeln und den oftmals negativen Vorerfahrungen entgegenzusetzen. 4.3 Arbeitsdokumentation durch Produkte und Öffentlichkeit Die Motivation, die eigenen Ergebnisse zu dokumentieren, Produkte zu erstellen oder an die Öffentlichkeit zu gehen, ist meist sehr hoch. Öffentliche Abschlussveranstaltungen, etwa in Form einer „Mini-Konferenz“, sind ein bedeutendes Element des offenen Seminarkonzepts. Die kontinuierliche Dokumentation hat den Arbeitsgruppen geholfen, Kurs zu halten und ihr Arbeitsund Lernergebnis abschließend konkret zu fassen und präsentieren zu können. Das Resümee eines zunächst skeptischen Teilnehmers: „Sehr positiv überrascht, dass diese Seminarform so produktiv sein kann, überrascht was bei anderen alles so rausgekommen ist. Habe eine Menge mitgenommen von den anderen und dadurch, dass es am Ende vergegenständlicht wurde.“ Neben den Präsentationen und Abschlussberichten haben Studierende z. B. auch einen Videofilm, eine szenische Präsentation, ein grafisches Übersichts-Plakat, diverse Softwareprodukte, ein Unterrichtskonzept und mehrere Web-Umfragen erstellt. Andere haben sich der Veranstaltungsorganisation oder der Moderation des Seminarprozesses 52 gewidmet und ihre Erfahrungen in einem Dokument reflektiert. Eine Reihe von TeilnehmerInnen sieht und verfolgt auch weiter gehende Verwendungsmöglichkeiten, wie z.B. die Vertiefung im Rahmen von Studienund Diplomarbeiten oder gar die Teilnahme an universitären Wettbewerben oder die kommerzielle Verwertung entstandener Softwareprodukte. Doch auch, wenn die Lernergebnisse keine unmittelbare, konkrete Verwertung finden, werden die neuen Lernerfahrungen positiv bewertet: „Nichts was mir in einer Diplomprüfung helfen würde, sondern eher was für nach der Prüfung. Manchmal ist das Ergebnis nicht wichtig, auch wenn’s der Prüfer oder Chef gerne gehabt hätte. Für mich sollte vielmehr wichtig sein, dass ich es versucht habe, dass ich bei der Sache dabei war und von meinem Weg nicht abgegangen bin, sondern immer wieder aufgestanden bin vom Boden. Die Erfahrung zu machen, dass eigentlich nichts von mir erwartet wird, sondern dass nur das erfüllt werden muss, was ich selber von mir erwarte, ist wichtig.“ Zusammenfassend stellen wir fest, dass die Ermunterung zu einer kontinuierlichen Arbeitsdokumentation den TeilnehmerInnen geholfen hat, „Kurs zu halten“ und ein fertiges „Produkt“ bzw. eine Präsentation zu erarbeiten. Die starke Ausrichtung an Eigeninteressen führt offensichtlich dazu, dass die Studierenden hochmotiviert sind, ihre Ergebnisse weiter zu verwerten. Ebenso konnten wir insgesamt eine überdurchschnittlich hohe Qualität der Ergebnisse feststellen.
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